Angst vor Rechtsruck: Was tun queere Menschen bei Sorgen und Ängsten?

Von Petra Ahrweiler


Foto: Lina Kaiser

Lina Kaiser ist Autorin und schreibt Romane über Coming-out und lesbische Liebe.

Sie hat mich auf ihrem Podcast "frauverliebt" zur Angst vor dem Rechtsruck queerer Menschen interviewt.

Ich spreche mit ihr darüber,

  • Wie sich die Ängste queerer Menschen aufgrund des Rechtsrucks in Gesellschaft und Politik im Laufe der Zeit entwickelt haben
  • Wie mit den Ängsten umgegangen und innere Stärke aufgebaut werden kann, damit lesbische Frauen in stürmischen Zeiten Halt finden.
  • Was trotz zunehmender Queerfeindlichkeit hoffnungsvoll machen kann.

Schau gerne bei Lina Kaiser vorbei und siehe dir auch ihren jüngsten Roman "Zeitlos - verbunden für immer" an.

Das Interview als Podcast-Episode:

Den Podcast „frauverliebt“ findest du überall, wo es Podcasts gibt.

Und du kannst auch hier klicken, um zum frauverliebt-Podcast zu gelangen.

Du möchtest das Interview lieber lesen?

Hier findest du das Transkript:

Lina Kaiser: Herzlich willkommen im Frauverliebt-Podcast – mal wieder, liebe Petra.

Petra Ahrweiler: Ja, herzlichen Dank, dass ich da sein darf, liebe Lina.

Lina Kaiser: Ja, danke, dass du dich mal wieder zur Verfügung stellst, um mit mir über ein Thema zu sprechen.

Und zwar geht es um ein Thema, über das ich selbst in den letzten Wochen und Monaten öfter nachgedacht habe. Über einen E-Mail-Austausch kam dann heraus, dass dieses Thema auch in deiner Praxis immer wieder auftaucht.

Es geht um Ängste und Sorgen bezüglich des – naja, leider – herrschenden Rechtsrucks, den man aktuell beobachten kann. In Deutschland ist das natürlich mit dem Erstarken der AfD verbunden, aber auch international, wenn man sich umschaut.

Die Leute, die in manchen Ländern an die Macht kommen, zum Beispiel in den USA, sind auch nicht unbedingt LGBTQ-freundlich oder besonders feministisch eingestellt.

Egal, wo man hinschaut – man sieht ein Erstarken rechter Positionen. Und das ist, finde ich, total beängstigend.

Denn eigentlich hatte ich mein Leben lang das Gefühl, dass sich alles zum Besseren entwickelt. Es wurde immer freier und offener, man konnte immer mehr zu sich selbst stehen. Es fühlte sich an, als müsse man sich nicht mehr verstecken.

Und plötzlich beobachtet man, dass sich das wie eine Rolle rückwärts anfühlt. Ich habe angefangen, mir Fragen zu stellen wie: „Was, wenn die AfD tatsächlich bald regieren sollte?“

Klar, aktuell wurde das noch verhindert, aber irgendwann kommt die nächste Bundestagswahl.

Und dann kam plötzlich in mir die Frage auf: „Müsste ich Deutschland vielleicht verlassen?“ – Fragen, die ich mir früher nie ernsthaft gestellt hätte.

Wie nimmst du die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung wahr? Spürst du in der Praxis eine Zunahme von Ängsten unter queeren Menschen?

Petra Ahrweiler: Ich erlebe das ähnlich. Ich bin seit fast 30 Jahren in der Szene aktiv. Schon während meines Studiums habe ich Beratungen für lesbische Frauen angeboten und war da bereits stark eingebunden. Damals gab es ja noch kein Internet – das kann man sich heute kaum noch vorstellen. Es gab Lesbenberatungstelefone, weil es eben keine anderen Informationsquellen gab.

Ich habe dadurch einen ganz anderen Vergleich. Und mir ging es ähnlich wie dir: Ich war auch extrem angespannt im Vorfeld der Bundestagswahl im Februar.

Schon vorher, als der Kanzler die Vertrauensfrage gestellt hat und klar wurde, dass es Neuwahlen geben würde, habe ich das Thema in meinen Beratungen verstärkt wahrgenommen.

Ich arbeite ja viel mit Frauen, die ein spätes Coming-out haben, aber auch mit anderen lesbischen oder heterosexuellen Frauen.

Ab einem gewissen Zeitpunkt – ich kann nicht genau sagen, wann es begann, vielleicht seit dem Sommer letzten Jahres – wurde dieses Thema in Gesprächen immer präsenter.

Anfang 2025 war es dann nochmal verstärkt so. Es kam häufig in Nebensätzen zur Sprache, dass Frauen etwa sagten: „Ich lebe hier auf dem Dorf, das ist eine AfD-starke Region.“ Oder sie erzählten, dass es im Verwandten- oder Bekanntenkreis AfD-Wähler/innen gibt.

Es war nie das Hauptthema der Gespräche, aber es schwang oft mit.

Wir haben ja auch vorher schon viele problematische Entwicklungen erlebt. Zum Beispiel fand ich es erschreckend, dass der CSD in Bautzen letztes Jahr nur unter Polizeischutz stattfinden konnte – das ist schon der Hammer.

Und es ist ja nicht nur die AfD. Es gibt viele Faktoren: Queerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, zum Beispiel durch Trump – das alles erzeugt Unsicherheiten.

Wenn du mal zurückschaust: Die Abfolge der Krisen wurde immer kürzer. Pandemie, Ukraine-Krieg, jetzt Trump wieder im Amt – das sind alles Entwicklungen, die viele Menschen verunsichern.

Und was du eben gesagt hast, dass du dir überlegst, ob du vielleicht auswandern müsstest – solche Gedanken kenne ich auch noch von vor etwa 25 Jahren.

Damals war ich ehrenamtlich aktiv in einem Lesben- und Schwulenzentrum in einer Großstadt. Auch dort haben wir schon über solche Dinge gesprochen – zum Beispiel, ob wir vielleicht einen Niederländischkurs machen sollten, weil wir dachten, wir müssten eventuell mal das Land verlassen. Die Homo-Ehe gab es damals noch nicht, vieles war einfach noch nicht möglich.

Lina Kaiser: Das finde ich total spannend, dass du sagst, solche Gedanken gab es damals auch schon. Ich kann mir gut vorstellen, dass queere Gruppen sich im Laufe der Zeit immer wieder Sorgen machen mussten. Aber wenn du die Situation damals mit der heutigen vergleichst: Ist es dieselbe Art von Sorge oder doch etwas anderes?

Petra Ahrweiler: Das ist schwer zu sagen. Ich kann natürlich nur von mir sprechen.

In vielem gibt es Gemeinsamkeiten. Es gab damals auch negative Reaktionen auf das Lesben- und Schwulenzentrum, auf die ich jetzt nicht im Detail eingehen möchte.

Aber ein wesentlicher Unterschied – leider ein negativer – ist: Damals hatten wir sofort eine Idee, was wir tun könnten. Wir im Vorstand haben zum Beispiel gesagt: „Lasst uns einen Niederländischkurs machen.“

Aber heute? Wenn du dich umschaust, gibt es fast überall in Europa einen Rechtsruck. Da fragt man sich: „Wohin kann ich überhaupt noch gehen?“

Lina Kaiser: Genau das habe ich auch gedacht. Wenn man hier weg will – wohin denn? Es ist ja überall dasselbe.

Petra Ahrweiler: Ja genau. Frankreich mit Le Pen, Italien mit Meloni, Polen, Ungarn – das sieht überall problematisch aus.

Ich erlebe häufig in Gesprächen, dass Frauen mit spätem Coming-out sowas in Nebensätzen sagen wie: „Ich habe eh schon so viele Probleme, und jetzt wähle ich mir auch noch diesen schwierigen Weg.“ Das spielt oft zwischen den Zeilen eine Rolle.

Lina Kaiser: Ich kann mir gut vorstellen, dass man dann denkt: „Warum fällt mir das jetzt ein?“ Gerade in dieser Zeit ein spätes Coming-out zu erleben, stellt sicherlich eine zusätzliche Hürde dar.

Petra Ahrweiler: Ja, und auch bei anderen Frauen, die sich an mich wenden – ich mache ja auch Paartherapie für lesbische Frauen, entweder in der Praxis oder per Videokonferenz – habe ich das Gefühl, dass es für viele wichtig ist, sich an eine Frau wenden zu können, die sich in diese Lebensrealität hineinversetzen kann. Besonders, wenn sie selbst damit aufgewachsen ist.

Gut, bei mir war das dann ja nicht mehr „aufwachsen“, da war ich schon erwachsen.

Was ist eigentlich „Angst“? Was passiert in unserem Gehirn und Körper, wenn wir gesellschaftliche Bedrohungen wahrnehmen?

Lina Kaiser: Lass uns doch mal auf die Grundlagen aus der Psychologie eingehen. Denn dieses ungute Gefühl hat ja letztlich mit Angst zu tun.

Kannst du nochmal erklären, was Angst eigentlich ist? Was passiert da in uns, wenn diese Emotion entsteht?

Petra Ahrweiler: Ja, also wenn Angst entsteht, dann werden Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet.

Wenn das in einer intensiven Form geschieht, kommt es typischerweise zu drei Reaktionen: Flucht, Erstarren oder Gegenangriff. Das ist bei Menschen und auch bei Tieren tief verankert.

Lina Kaiser: Wenn ich jetzt denke: „Wo kann ich jetzt hinziehen?“ Dann ist das Flucht.

Petra Ahrweiler: Genau. Diese Reaktionen haben uns in der Evolution geholfen.

Das Problem ist nur: Wenn dauerhaft ein erhöhter Stresshormonspiegel besteht, hat das viele negative Folgen.

Wenn du dir ständig Sorgen machst, kommt es zu innerer Anspannung – das nennen wir in der Psychologie ein erhöhtes Arousal.

Das zentrale Nervensystem steht dann unter Dauerbelastung – wie ein Gummiband, das ständig gespannt ist.

Das führt zu Muskelverspannungen, Schlafproblemen, aber auch zu psychosomatischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Hautproblemen oder verstärktem Asthma, je nachdem, wo die Schwachstelle im Körper liegt.

Auch das Immunsystem leidet. Manche Menschen werden häufiger krank, weil der Körper mit der Dauerbelastung nicht mehr klarkommt.

Wir sprechen zwar oft von „Körper und Seele“ – aber ich sage immer: Das ist eins. Es hängt ganz eng zusammen.

Viele kennen das vielleicht: Wenn man im Urlaub plötzlich krank wird, weil der Körper dann zur Ruhe kommt – „Peng!“ – und dann zeigt sich, wie erschöpft man wirklich ist.

Lina Kaiser: Ja, das kenne ich. Ich habe neulich auch im Urlaub eine Grippe bekommen – super Timing.

Petra Ahrweiler: Klar, eine Grippe kann man sich einfangen, aber es hängt auch davon ab, wie stark das Immunsystem ist. Manche nehmen’s mit, andere nicht.

Gibt es Strategien, die helfen, um mit solchen Ängsten umzugehen?

Lina Kaiser: In der Psychologie ist das Thema Angst ja ein riesiges Feld. Was kann man tun, wenn man solche diffusen Sorgen hat? Also wenn keine konkrete Bedrohung da ist, man sich aber trotzdem hilflos fühlt?

Petra Ahrweiler: Ich habe mir dazu im Vorfeld Gedanken gemacht und würde das gerne in zwei Bereiche unterteilen:

Zum einen Ängste, die auf konkrete Situationen bezogen sind – zum Beispiel die Angst, diskriminiert zu werden oder einen blöden Spruch abzubekommen, vielleicht nachts auf der Straße, wenn da jemand bedrohlich wirkt.

Zum anderen das „Kopfkino“, das nicht unbedingt einen realen Auslöser hat.

a) Vorsorge gegen und Umgang bei Diskriminierung  und Bedrohungen

Beim ersten Bereich hilft es sehr, selbstsicher auftreten zu können. Das Gefühl, nicht völlig ausgeliefert zu sein, sondern etwas tun zu können.

Ich gebe dir ein Beispiel: Ich habe ja erzählt, dass ich seit etwa 30 Jahren aktiv bin. Damals gab es noch keine Homo-Ehe.

Ich habe mit meiner damaligen Partnerin an einer bundesweiten Aktion teilgenommen, bei der Lesben und Schwule an einem bestimmten Tag zum Standesamt gehen sollten, um zu heiraten – symbolisch, denn es war ja nicht erlaubt.

Wir haben das gemacht, die Presse war da, und am nächsten Tag war ich auf Seite 1 und 3 einer überregionalen Zeitung.

Damit hatte ich mich quasi vor 200 Kollegen und Kolleginnen geoutet – von einem Tag auf den anderen.

Ich arbeitete damals noch nicht als Psychologin, sondern im Bürobereich.

Interessanterweise hat mich im ganzen Haus niemand angesprochen – bis auf eine Person.

Am Nachmittag klingelte mein Telefon, und meine Abteilungsleiterin wollte mit mir sprechen.

Sie schloss die Tür, setzte sich und sagte: „Frau Ahrweiler, ich finde das toll, was Sie da machen.“

Sie hat mir dann erzählt, was sie von anderen mitbekommen hat – also, was hinter meinem Rücken gesprochen wurde. Da kamen natürlich einige Sprüche auf. Für mich war es dann einfach gut zu wissen: Okay, diese und jene Person fand ich ohnehin nicht besonders sympathisch…

Lina Kaiser: Mit der muss ich jetzt auch nicht mehr mitreden.

Petra Ahrweiler: Ja, genau. Da brauche ich auch keinen engeren Kontakt. Aber das heißt, niemand hat sich getraut, mich direkt darauf anzusprechen. Ich denke, das lag daran, dass ich selbstbewusst damit in der Presse stand. Da hat sich einfach keiner getraut, mich zu konfrontieren – vielleicht aus Angst vor Gegenwind.

Später, als ich dann als Psychologin gearbeitet habe, war ich zuerst in Teilzeit angestellt und hatte meine Praxis ebenfalls in Teilzeit. Ich habe mich damals noch nicht getraut, direkt den Schritt in die volle Selbstständigkeit zu wagen.

In dieser Zeit hatte ich eine Kollegin, mit der ich eng zusammenarbeitete. Wir waren auch in einem größeren Team integriert, das sehr durchmischt war – von Lehrer/innen über Handwerker/innen, Ausbilder/innen und so weiter.

Eines Tages kam meine Kollegin zu mir und berichtete, dass sie bei einer Teamsitzung (an der ich nicht teilnehmen konnte, weil ich einen Außentermin hatte) von einem Kollegen angesprochen wurde. Er hatte gesagt: "Frag sie doch mal, ob sie einen Freund hat."

Ich fragte meine Kollegin, was sie geantwortet hat, denn sie wusste, dass ich lesbisch bin. Ich war bei ihr geoutet, aber ich bin nicht mit einem Schild im ganzen Unternehmen herumgelaufen.

Sie antwortete ganz cool: "Warum fragst du sie nicht selbst?" Und dieser Kollege hat sich nie getraut, mich direkt zu fragen. Ich habe noch einige Jahre dort gearbeitet – er hat es nie angesprochen.

Ich möchte noch eine dritte Situation beschreiben. Ich war Anfang bis Mitte 20. Meine damalige Partnerin kam mich besuchen und berichtete, dass sie auf dem Weg Jugendliche gesehen hatte, die an einem Spielplatz herumhingen.

Einer von ihnen hatte ihr "Lesbe" hinterhergerufen, wohl als Schimpfwort. Sie meinte, das sei schon mehrmals passiert, und dieses Mal sei ihr der Geduldsfaden gerissen. Sie sei auf ihn zugegangen, habe sich vor ihn gestellt und gesagt: "Es ist wirklich traurig, dass du so wenig zu deinem eigenen Schwulsein stehen kannst, dass du mir deswegen ‚Lesbe hinterher rufen musst."

Ich sagte ihr, dass das ziemlich heikel war, was sie gemacht hat. Manche Männer fühlen sich dann sehr provoziert – da kann es passieren, dass man dafür einen auf die Mappe bekommt. Aber der Jugendliche hat danach nichts mehr gesagt, und es kam nie wieder zu so einer Situation. Ich habe ihn auch später noch oft gesehen. Es war der Sohn eines Nachbarn.

Was ich damit sagen will: Ein souveränes, selbstsicheres Auftreten ist sehr hilfreich. Sich klarzumachen: "Was kann ich? Was schaffe ich?" ist enorm wichtig. Und das sollte möglichst so geschehen, dass es nicht provokant wirkt, weil das eben auch gefährlich sein kann.

In dem Zusammenhang möchte ich eine Empfehlung geben: Es gibt für bedrohliche Situationen eine spezielle Form der Selbstverteidigung, entwickelt von Frauen für Frauen: WenDo.

Diese Selbstverteidigung geht über körperliche Techniken hinaus – es geht vor allem auch um ein souveränes Auftreten. Sie wird in vielen Safe Spaces angeboten, etwa bei Frauenberatungsstellen.

Ich selbst habe vor vielen Jahren an einem Kurs teilgenommen. Ich erinnere mich daran, dass ich daraus ein Beispiel mitgenommen habe, wie man souverän reagiert, wenn man blöd angesprochen wird.

Ein Tipp daraus: Viele Frauen senken in solchen Situationen den Blick – was Unsicherheit signalisiert. Stattdessen kann man versuchen, auf den Punkt zwischen den Augenbrauen der anderen Person zu schauen, das sogenannte "Dritte Auge".

Das Gegenüber kann nicht erkennen, dass man nicht direkt in die Augen blickt, aber man selbst fühlt sich vom Blick der anderen Person weniger eingeschüchtert. Das hilft in Situationen, in denen man direkt konfrontiert wird.

Lina Kaiser: Also auch das eigene Selbstvertrauen stärken.

b) Umgang mit dem Kopfkino

Petra Ahrweiler: Ja, ganz genau. Und bezogen auf das Kopfkino habe ich gedacht: Gerade in dieser schwierigen Zeit ist es wichtig, sich bewusst zu machen, was man selbst bewirken kann.

Angst entsteht oft durch das Gefühl von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein. Alles, was das Gefühl der Selbstwirksamkeit stärkt, hilft gegen Ängste. Das heißt: sich engagieren, mit anderen zusammenfinden, sich gegenseitig stärken.

In der Psychologie nennt man das "proaktiv werden" – also nicht abwarten, sondern selbst aktiv werden.

Ein gutes Beispiel war dieses Jahr im Februar der CSD unter dem Motto "Wählt Liebe", der bundesweit als Demonstration stattfand. Solche Veranstaltungen stärken das Wir-Gefühl. Wer teilnimmt oder sich engagiert, spürt: Ich bin nicht allein. Das hilft gegen Angst.

Auch Safe Spaces zu nutzen ist wichtig. Nicht nur der CSD, sondern z. B. Frauenbildungshäuser oder Frauenberatungsstellen bieten tolle Angebote.

Es ist sinnvoll, diese Orte zu unterstützen – sei es durch Teilnahme, ehrenamtliches Engagement oder auch durch Spenden.

In Zülpich, das gehört, glaube ich, schon zur Eifel, gibt es zum Beispiel seit über 30 Jahren ein Haus, früher ein Frauenbildungshaus, heute ein Safe Space für FLINTA mit dem Namen "Lila bunt". Ich unterstütze es seit Jahren mit einer kleinen Spende.

Soziale Kontakte sind unglaublich wichtig.

Für die sogenannten Latebloomer, also Frauen mit spätem Coming-out, habe ich einen umfangreichen Onlinekurs erstellt. Der ist mit der Zeit gewachsen.

Viele Frauen berichten mir, wie hilfreich es ist, nicht nur einen Selbstlernkurs zu haben, sondern auch in den Austausch mit anderen zu kommen.

Eine Teilnehmerin schrieb mir, dass der Kurs sie ein ganzes Jahr lang begleitet habe. Sie wünschte sich zusätzlich einen Raum für den Austausch untereinander – das werde ich demnächst auch wieder anbieten.

Denn viele dieser Frauen haben im eigenen Umfeld wenig Unterstützung, und wenn sie dann in die Szene kommen, werden sie oft kritisch beäugt: "Was will die denn hier? Die ist noch mit einem Mann verheiratet, hat Kinder und lebt mit dem Mann noch zusammen. Will die hier nur gucken und sich ausprobieren?“– Da fühlen sich diese Frauen nicht willkommen.

Umso wichtiger ist es, Räume zu schaffen, in denen sie sich sicher fühlen und selbstsicherer werden können. Wo sich diese Frauen untereinander austauschen können mit anderen, denen es ähnlich geht.

Ganz allgemein zum Thema Ängste:

Es gibt das Pareto-Prinzip, die 80-20-Regel. 80 % unserer Befürchtungen treten gar nicht ein, und von den verbleibenden 20 % lässt sich vieles viel leichter lösen als gedacht. Das kann vielleicht schon ein wenig helfen.

Aber unser Unterbewusstsein kann mit Zahlen nichts anfangen. Deshalb hilft es, etwas aktiv gegen die Ängste zu stellen. Sich selbst zu stärken und zu fragen: Was kann ich? Welche Fähigkeiten habe ich? Auf welche Erfahrungen kann ich zurückgreifen?

Dazu habe ich ein kleines Freebie auf meiner Webseite: den kostenlosen "Grübel-Stopper" mit 20 Beispiel-Fragen, wie man aus dem Gedankenkreisen herauskommt. 

Dazu gibt es als Bonus meine ganzheitliche SWW-Methode: Stoppen, Wahrnehmen, Wandeln. Mit dieser Methode erkläre ich im Freebie , warum sind die 20 Fragen hilfreich damit sie jede Person noch ausbauen kann.

Diese Methode wirkt ganzheitlich. Ich habe vorhin ja schon beschrieben, dass Ängste sich auch körperlich auswirken. Es besteht mit der Methode die Möglichkeit, seelisch und körperlich etwas gegen Ängste zu tun. Hier geht es zum Grübel-Stopper:

Und es gibt noch ein weiteres kostenloses PDF für Frauen, die in einer Beziehung mit einer anderen Frau leben, bei denen aber eine oder beide sich nicht trauen, offen als Paar aufzutreten. Dazu gebe ich konkrete Tipps und die sind hier zu finden:

Wer sich das herunterlädt, bekommt auch meinen Newsletter mit weiteren Anregungen zu den Themen Selbstvertrauen, Umgang mit Ängsten, Probleme lösen in der Partnerschaft und mehr.

Zum Schluss noch etwas Grundsätzliches: Wenn wir Ängste haben, denken wir fast immer an die Zukunft – nicht an die Gegenwart oder die Vergangenheit. Typisch ist: "Was mache ich, wenn ...?" und dann: "Und was mache ich, wenn das und das auch noch passiert?"

Ich sage dann oft: Denk erst mal den einen Gedanken zu Ende, bevor du zum nächsten übergehst. Zum Beispiel: "Was mache ich, wenn mir heute Abend ein komischer Typ folgt?" Dann überlege konkret: Was könnte ich tun?

Dann kann ich zum Beispiel die Straßenseite wechseln und schauen, ob die Person ebenfalls die Straßenseite wechselt oder ob sie nur zufällig hinter mir herläuft. Oder wenn ich ein bisschen mutiger bin, drehe ich mich irgendwann um und sage: "Wollen Sie etwas von mir?"

Oder ich greife zu meinem Handy und rufe jemanden an, damit ich mich nicht so allein fühle. Das heißt, das sind schon drei Möglichkeiten, was ich tun kann. Und das ist besser, als direkt mit der nächsten Frage weiterzumachen: "Was ist, wenn der mich einholt?"

Denn ich kann ja überlegen: "Was könnte ich dann tun?" In dem Moment, in dem ich aber versuche, die Fragen zu beantworten, die ich mir stelle, komme ich wieder in meine Selbstwirksamkeit. Ich merke: Ich kann handeln, ich kann etwas tun.

Ich möchte noch kurz auf das Thema eingehen, bezogen auf die gesellschaftliche und politische Situation.

Dass die AfD so stark geworden ist, liegt ja nicht daran, dass wir plötzlich unglaublich viele Neonazis in der Gesellschaft haben. Es sind vielmehr sehr viele Mitläufer*innen.

Viele Menschen wissen gar nicht, was wirklich hinter dieser Partei steckt. Sie sagen einfach: "Ich will diese Politik so nicht mehr. Es muss sich etwas ändern." Und deshalb wählen sie die AfD.

Das kann helfen, wenn wir uns Sorgen machen oder Angst bezüglich der AfD und unseres direkten Umfelds haben. Es ist eine Möglichkeit, sich bewusst zu machen: Da steckt oft Unwissenheit dahinter. Vielleicht kann ich etwas bewegen, indem ich mit diesen Menschen ins Gespräch komme.

Ich habe mal eine Fernsehsendung gesehen, leider weiß ich nicht mehr, wie sie hieß. In dem Format wurden etwa 50 bis 60 Personen unterschiedlichen Alters eingeladen.

Sie sollten sich im Raum positionieren: die linke Seite stand für "Ich kann nichts mit der AfD anfangen", die rechte Seite für "Ich unterstütze sie voll und ganz".

Dann wurden den Teilnehmerinnen Informationen gegeben – zum Beispiel Aussagen von AfD-Politikerinnen oder deren biografische Hintergründe. Danach sollten sie sich immer wieder neu positionieren.

Am Anfang stand der größte Teil auf der rechten Seite, aber am Ende der Sendung – sie dauerte vielleicht eine Dreiviertelstunde bis Stunde – stand der größte Teil links.

Klar, ein paar Unbelehrbare blieben ganz rechts, aber bei vielen hat sich etwas bewegt. Und das zeigt: Gespräche können etwas verändern.

Auch wenn einem jemand einen blöden Spruch drückt: Vielleicht hilft es, sich zu trauen, etwas zu sagen. Oder sich klarzumachen: Diese Person sagt damit mehr über sich selbst aus. Vielleicht ist sie nicht wirklich rechtsradikal, sondern einfach unwissend. Das hilft auch, nicht so wütend über die andere Person zu werden.

Lina Kaiser: Wow, das war viel.

Ich habe gerade beim Thema "mit Leuten ins Gespräch gehen" gedacht: Das ist ein sinnvoller Ansatz, den man verfolgen sollte. Wenn wir nicht mehr miteinander sprechen, ist alles verloren.

Aber manchmal ist mein Gefühl: Viele Menschen wollen gar nicht über Argumente oder Fakten sprechen oder reflektieren.

 Für viele ist es eine sehr emotionale Wahl. Wie du schon sagtest: "Hauptsache, es ändert sich etwas." Und dann denken sie gar nicht darüber nach, was das konkret bedeutet. Und das kann unglaublich frustrierend sein.

Petra Ahrweiler: Das hängt natürlich sehr davon ab, wer einem gegenübersitzt. Ob es jemand Fremdes ist oder jemand aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis, aus der Nachbarschaft.

Wenn man das Gefühl hat, die Person meint es nicht persönlich gegen mich, dann kann ein persönliches Gespräch wirklich etwas bewirken.

Lina Kaiser: Daran sollte man festhalten und nicht aufgeben. Wenn wir aufhören zu reden, wird es nicht besser.

Ich würde das, was du gesagt hast, so zusammenfassen: Einerseits das eigene Selbstbewusstsein stärken, damit man sich in schwierigen Situationen sicherer fühlt.

Andererseits die Gemeinschaft stärken, sich vernetzen, austauschen, um sich aufgehobener zu fühlen und die Community zu stärken. Das sind zwei wichtige Pfeiler. Klingt gut und absolut sinnvoll.

Viele Menschen fühlen sich von schlechten Nachrichten gerade auch in den Sozialen Medien überflutet. Wie findet man einen gesunden Umgang mit Medien, ohne sich abzuschotten?

Jetzt hatte ich noch einen Gedanken: Neben den politischen Ängsten gibt es noch einen anderen Bereich, der in den letzten Jahren sehr präsent ist: die sozialen Medien.

Ich weiß nicht, wie sehr du das selbst nutzt, aber ich habe das Gefühl: Wenn ich heute durch Kommentarspalten scrolle – und ich sage mir eigentlich immer: "Lass es, schau nicht rein" – dann tue ich es doch und bin jedes Mal schockiert.

Der Ton ist rauer geworden. Die Leute trauen sich, Hass rauszuhauen. Es fehlt oft jede Scham. Und dann noch die Fake News! Das alles trägt dazu bei, dass man sich unwohler fühlt. Man fragt sich: "Sind das wirklich so viele, die so denken?"

Gleichzeitig nutzen wir Social Media ja alle. Es wird nicht mehr verschwinden. Social Media gehört einfach dazu. Hast du Tipps, wie man einen gesunden Umgang damit finden kann – einerseits informiert bleiben, andererseits sich selbst schützen?

Petra Ahrweiler: Ja, auf jeden Fall. Ich finde, das sollte sogar ein Pflichtfach in der Schule sein. Social Media ist so allgegenwärtig, das gehört zum Alltag.

Zu deinem Punkt mit den Kommentarspalten: Ich kann dir keine Studien nennen, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es einen riesigen Unterschied gibt zwischen dem, was Menschen in sozialen Medien schreiben, und dem, was sie sagen, wenn sie dir gegenüberstehen.

Weil sie keine reale Person vor sich haben, trauen sich viele viel mehr, ihre Gefühle auf eine sehr respektlose Weise raus zu lassen. Gerade wenn sie wütend sind, reagieren sie oft extrem respektlos. Das würden sie im echten Leben so nie tun.

Ich muss dir da unbedingt eine Anekdote erzählen: Ich bin in einem Verband für Psychologen und Psychologinnen, der eine Mailingliste betreibt. Dort werden Infos und Tipps geteilt, und jeder kann antworten. Es ist wie ein Gruppenchat, nur per E-Mail.

Irgendwann ging bei mir die Post im Mail-Postfach ab: Lesben, Schwule, Trans, Non-binäre Personen sind in der Mailinglist – und es gab ein Thema mit viel Konfliktpotenzial.

Da gab es schnell verletzende Kommentare, weil solche Themen innerhalb der Community auch sensible Punkte berühren können, wie z. B. Transgender oder Spannungen zwischen feministischen Lesben und anderen schwulen Männer.

Ich dachte nur: "Wenn das nicht aufhört, gehe ich da raus. Ich brauche mein Postfach auch noch für andere Dinge." Und ich dachte: "Die hauen sich im übertragenen Sinne die Köpfe ein. Meine Güte, das sind doch alles Psychologen und Psychologinnen! Ich schäme mich für meinen Berufsstand."

Mehrere Leute haben dann versucht zu deeskalieren: "Das ist nicht das richtige Forum dafür. Bitte lasst uns das im persönlichen Kontakt besprechen." Irgendwann wurde es ruhiger.

Kurz darauf fand eine Jahrestagung des Verbands statt, und ich dachte: "Mal sehen, ob ich nach einer Stunde wieder gehe – was sind das für Leute?"

Und ich war total überrascht: Es wurde extrem wertschätzend miteinander umgegangen. Die Themen wurden auch nochmal aufgegriffen.

Das hat mir gezeigt: Auch Psycholog*innen sind nicht davor gefeit. Manche waren so verletzt und angetriggert, dass die Diskussion so verletzend sich entwickelte.

Lina Kaiser: Wenn man schriftlich kommuniziert, geht es oft schneller hoch her als im direkten Gespräch.

Petra Ahrweiler: Ganz genau.

Deshalb sage ich auch Paare: Über WhatsApp oder andere Kanäle kann man sachlich kommunizieren, aber Emotionen sind heikel. Wenn die aufkommen, geht es ganz schnell in eine Eskalation.

Deshalb: Ich persönlich steige aus, wenn ich merke, dass es emotional wird. Ich sage mir dann: "Ich muss hier nicht den Weltfrieden auf Facebook herstellen. Das tue ich mir nicht an. Die sollen sich austoben, irgendwann beruhigen sie sich.“

Wichtig finde ich auch: Social Media bewusst konsumieren. Auf dem Handy kommen Nachrichten im Sekundentakt. Ich erlebe oft, dass es ständig piept.

Es ist wichtig, nicht auf jeden Post zu klicken. Es gibt so viel Clickbait.

Lina Kaiser: Genau, solche reißerische Überschriften, die sofort triggern.

Petra Ahrweiler: Ja, wenn du da drauf klickst, reagiert der Algorithmus und ballert dich noch mehr mit genau solchen Posts zu.

Ja, und das heißt auch: Ich kenne einige Menschen, die bestimmte Einstellungen auf ihrem Handy vorgenommen haben, sodass sie zum Beispiel von Nachrichtenagenturen Push-Mitteilungen erhalten.

Sobald sie online gehen, werden ihnen sofort aktuelle Meldungen angezeigt. Aber all das kann man abbestellen.

Ich finde es viel wichtiger, ganz bewusst Nachrichten zu konsumieren.

Falls Zuhörerinnen einen E-Mail-Account bei GMX, Web.de oder ähnlichen Anbietern haben und zum Mailabruf auf die Webseite zu gehen, dann werden sie dort oft mit Werbung und Nachrichten überflutet. Es ist dann sinnvoller, ein E-Mail-Programm zu nutzen, das diese Inhalte besser filtert.

Ich bin außerdem eine große Freundin von Digital Detox und praktiziere das auch selbst. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es einige, die sehr regelmäßig Nachrichten schauen.

Wenn ich zum Beispiel wissen will, was in der Welt passiert, dann prüfe ich immer für mich: Tut mir das gerade gut? Ich nenne die Tagesschau gerne "Daily Horror Show".

Weil: Wann kommt denn da mal eine positive Nachricht? Das ist wirklich selten.

Deshalb mache ich manchmal eine Woche Digital Detox – bezogen auf solche Inhalte. Dann frage ich jemanden aus meinem Umfeld: "Gibt es etwas Wichtiges, das ich wissen sollte?" So bekomme ich die Informationen, aber ohne all die Bilder und die emotionale Aufbereitung durch die Medien.

Und wenn ich doch etwas mitbekomme, nutze ich manchmal die sogenannte Journalistenregel, um Fake News auszuschließen: Gibt es mindestens zwei unabhängige Quellen, die das ebenfalls berichten? Das hilft enorm.

Lina Kaiser: Sehr gut, danke für die Tipps! Da war jetzt einiges dabei.

Ich fand es besonders hilfreich, als du die 80-20-Regel erwähnt hast. Das muss ich mir unbedingt merken: 80 % der Sorgen, die ich mir mache, treten gar nicht ein. Das sollte ich mir immer wieder sagen.

Wahrscheinlich sollte ich mir auch mal deinen Grübelstopper ansehen.

Ja, und ab und zu einfach mal ein bisschen weniger Social Media konsumieren, ist bestimmt auch nicht schlecht.

Bei mir ist es so, dass ich mich beruflich damit beschäftigen muss, also kann ich es im Privaten nur begrenzt herunterfahren. Aber das ist ein echter Balanceakt.

Ich merke immer mehr dieses Gefühl: "Eigentlich habe ich auf das alles gar keinen Bock mehr."

Vielleicht wieder mehr das Bedürfnis nach Flucht. Ich denke dann: "Wo könnte ich eigentlich hinziehen?" Und bei Social Media: „Will ich mich nicht lieber da rausziehen?“

Petra Ahrweiler: Ja, dann halte vielleicht einfach öfter mal kurz inne. Prüfe: „Tut mir das jetzt gerade gut?“ Und auch zwischendurch. Denn es sind genau diese Zeitfallen, in denen man durch die Timeline scrollt und plötzlich auf die Uhr schaut und denkt: "Mist, zwei Stunden später."

Lina Kaiser: Ja, da muss man sich mal mehr selber beobachten. Und diesem Sog widerstehen, der immer wieder automatisiert zum Handy greifen lässt.

Petra Ahrweiler: Mir fällt gerade ein: Es gibt bei Handys sogar eine Einstellung, die einem anzeigt, wie lange man schon eine App nutzt.

Ich habe das auf meinem Handy mal aktiviert – in einer App, die mehr im Business-Bereich angesiedelt ist, ähnlich wie Facebook für Berufliches.

Wenn ich dort zu lange drin hänge, meldet mir mein Handy: "Du bist jetzt schon so und so lange aktiv. Willst du wirklich noch weitermachen?"

So werde ich daran erinnert. Soweit ich weiß, geht das inzwischen auf fast allen Smartphones.

Lina Kaiser: Das ist vielleicht gar nicht schlecht – so ein kleines Helferlein, um sich selbst ein bisschen rauszuholen.

Was kann Hoffnung geben, auch wenn die gesellschaftlichen Entwicklungen bedrohlich erscheinen?

Lina Kaiser: Und zum Abschluss unseres Gesprächs: Vielleicht gibt es ja noch ein paar hoffnungsvolle Gedanken, die wir mitgeben können. Was denkst du, kann in dieser gesellschaftlich schwierigen Zeit dennoch Hoffnung machen?

Petra Ahrweiler: Ja. Also Hoffnung kann man durchaus daraus schöpfen, dass es trotz aller negativen Entwicklungen auch viele positive Dinge gibt.

Zum Beispiel, dass es zum ersten Mal seit Menschengedenken bundesweite CSDs im Februar gab. Dass es mutige Menschen gibt. Dass Medien Interesse daran haben und diese Themen sichtbar machen.

Ich habe mir in der Vorbereitung auf unser Gespräch gedacht: Dinge, die wir bereits kennen, die lassen wir uns nicht so leicht nehmen, wie Dinge, die wir uns erst erträumen.

Aus meiner geschichtlichen Perspektive: Früher, als es noch kein Internet gab, haben Menschen für die sogenannte Homoehe gekämpft, obwohl sie sich das kaum vorstellen konnten. Aber sie haben es sich erarbeitet.

Und wenn man einmal erlebt hat, dass etwas möglich ist, dann lässt man es sich schwerer nehmen.

Ich finde, in der Community steckt eine enorme Kraft. Jede kann sich beteiligen und mitwirken.

Und ich denke:

Das sind Zeiten, in denen eine Krise die nächste jagt. Die Klimakrise habe ich vorhin gar nicht erwähnt – die rutscht fast aus dem Kopf, weil so viele andere Krisen dominieren.

Aber das zeigt auch:

In Krisen rücken Menschen zusammen. Wenn jemandem die Bude abbrennt, dann kommt plötzlich von allen Seiten Hilfe. Und bei Naturkatastrophen zum Beispiel – wie der Flut im Ahrtal – war die Hilfsbereitschaft riesig.

Es ist wichtig, sich klarzumachen: "Ich bin nicht allein" – das stärkt Hoffnung und Mut.

Auch wenn es negative Entwicklungen gibt, wie bei Trump, wo ich mich fragte: "Sehen die Amerikaner nicht, was da passiert?" Wenn er jetzt etwa mit Strafzöllen die eigene Wirtschaft schädigt, dann wird das auch seinen Wähler/innen auffallen.

Ich denke, es kann nicht spurlos an ihnen vorbeigehen, wenn etwa Frauen oder queere Menschen in Verwaltungsschriften nicht mehr erwähnt werden dürfen. Das öffnet hoffentlich vielen die Augen.

Ich habe vor vier, fünf Monaten mal gesagt: "Irgendwann kommen die Asylanträge aus den USA zu uns." Da haben viele gelacht. Und jetzt kommen die ersten Anfragen – von Wissenschaftler/innen, die dort nicht mehr frei arbeiten können.

Das ist eine Riesenchance für unsere Gesellschaft: kluge Köpfe, die hier weiterforschen können. Menschen, die sogar für den Nobelpreis vorgeschlagen sind. Also: den Blick bewusst auf das Positive richten.

Lina Kaiser: Den Gedanken finde ich richtig gut. Ja, das sollte man sich vor Augen halten. Die Chance darin sehen. Mehr können wir auch nicht tun, außer abwarten und versuchen, positiv zu bleiben.

Petra Ahrweiler: Ja, ganz genau.

Lina Kaiser: Ja, liebe Petra, danke dir. Da war wieder unglaublich viel drin. Ich hoffe, dass die eine oder andere Zuhörerin etwas für sich mitnehmen konnte. Ich danke dir sehr für das Gespräch und deinen Input.

Petra Ahrweiler: Ich danke dir sehr für deine Fragen, dein Interesse und vor allem dafür, dass du dieses Thema aufgegriffen hast.

Ich finde es extrem wichtig, gerade in dieser Zeit, dass auch die positiven Aspekte mit transportiert werden – dass nicht alles nur düster ist in diesen Krisenzeiten.

Und dass Ängste auch offen angesprochen werden, denn gerade der Bereich LGBTQIA+ ist besonders betroffen. Das ist etwas anderes als bei der Frau von nebenan, die dem heteronormativen Ideal entspricht.

Lina Kaiser: Und natürlich kann auch sie Angst haben.

Petra Ahrweiler: Klar. Die Angst vor den wirtschaftlichen Folgen durch Trump und die Kriegsangst ist da auch vorhanden. Aber ich denke, queere Menschen betrifft das noch viel mehr und näher.

Lina Kaiser: Alles wird gut. Ich danke dir auf jeden Fall! Und dann würde ich sagen: Bis vielleicht demnächst wieder zu einem anderen Thema.

Petra Ahrweiler: Gerne, sehr gerne. Tschüss!

Wenn du den Text bis hier gelesen hast, dann ist klar:

Dich interessieren wahrhaftig lesbische Themen.

Und wie jeder Mensch wirst du frei, glücklich und unbeschwert leben wollen.

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Deine Petra

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Petra Ahrweiler

Ich bin Psychologin, Paar- und Familientherapeutin.

Als Scheibenwischer bei Konflikt- und Krisenwetter verhelfe ich dir zu klarer Sicht und sicheren Schritten auf deinem Weg zu Lebensfreude, Harmonie und innerer Ruhe.

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