Mit Hochsensibilität leben: Warum du kein Opfer deiner Emotionen sein musst

Von Petra Ahrweiler


Du kannst gut mit Hochsensibilität leben, wenn du weißt, wie du mit deinen Emotionen umgehen solltest

Foto: iStock.com/Sangidan-Idan 

Die Mimose ist eine sehr sensible Pflanze, die bei leichter Berührung ihre Blätter hängen lässt. Nach 20-30 Minuten richten sich diese wieder auf. Es ist ein Schutzmechanismus dieser Pflanze. 

Gastartikel von Götz Uwe Kress: 

Wie du die Kontrolle über deine Gefühle zurückgewinnst, ohne deine Sensibilität zu verlieren

Sie starrt auf ihr Handy. Noch immer nichts.

„Habe ich etwas falsch gemacht?“

Maria sitzt auf einer Parkbank.

Unruhig wippt ihr Bein.

Die Finger spielen nervös mit dem Reißverschluss ihrer Jacke.

Sie beißt sich auf die Lippe, geht das Gespräch von gestern zum x-ten Mal durch.

Hätte sie doch zugesagt, wäre mitgegangen – auch wenn sie kaum auf den Beinen stehen konnte?

Die Gedanken drehen sich schneller, ein rastloser Wirbel aus Unsicherheit, während ihr Blick immer wieder aufs Display fällt.

Ihr Finger über der Tastatur. Nicht aufdringlich wirken. Nicht nerven.

Und das Handy bleibt still.

Das ist noch gar nicht so lange her.

Jetzt sitzt Maria wieder auf ihrer Parkbank. Die gleiche Stelle, die gleiche kühle Brise, die durch die Bäume streicht – doch diesmal fühlt es sich anders an.

Ihr Handy liegt tief in ihrer Tasche, vergessen. Kein Drang mehr, nachzusehen. Keine Unsicherheit, die an ihr zerrt.

Sie atmet ein, lauscht dem Rascheln der Blätter, spürt die Sonne auf ihrer Haut. Zum ersten Mal seit langer Zeit ist sie wirklich hier – ohne Gedanken, die sie in die Vergangenheit oder Zukunft ziehen.

Echte Nähe, hat sie erkannt, beginnt nicht im Außen.

Sondern in dem Moment, in dem sie bei sich selbst bleibt.

Und heute fühlt es sich richtig an.

Erkennst du dich in Maria wieder? Diese quälende Unsicherheit, wenn jemand nicht antwortet? Diese Gedankenspiralen, die dich stundenlang gefangen halten können?

Was hat Maria so verändert?

Ich zeige dir, wie auch du das hinbekommen kannst:

  • Wie du als hochsensibler Mensch an 4 Alarmsignalen emotionale Abhängigkeit sofort erkennst, bevor sie dich gefangen nimmt.
  • Wie du dich bei Hochsensibilität mit 4 Schritten aus emotionaler Abhängigkeit befreist.
  • Woraus dein Erste-Hilfe-Koffer bestehen sollte, um emotional unabhängig zu sein.

Wenn du mit Hochsensibilität leben musst, kann deine Gabe zur Last werden

Ich kenne dieses Gefühlschaos nur zu gut. Aber ich habe gelernt, gut damit und mit der Hochsensibilität leben zu können.

Wir nehmen nicht nur äußere Reize intensiver wahr, sondern auch die Feinheiten in Beziehungen. Was für andere ein harmloser Moment der Funkstille ist, kann für uns zu einem emotionalen Wirbelsturm werden.

Jede unbeantwortete Nachricht fühlt sich an wie ein leises Echo der Unsicherheit, das immer lauter wird. Manchmal reicht ein schiefer Blick, ein unbedachtes Wort, um ein inneres Echo auszulösen, das stunden- oder tagelang in uns nachhallt.

Denn emotionale Unabhängigkeit bedeutet nicht, gefühllos zu werden oder Beziehungen zu meiden. Im Gegenteil: Erst wenn wir unsere hochsensiblen Eigenschaften ausbalancieren, indem wir für uns selbst gut sorgen, können wir Beziehungen führen, die uns wirklich erfüllen.

Die Fallstricke deiner Empathie

Kennst du das auch?

  • Du spürst die Stimmungen anderer so intensiv, als wären es deine eigenen.
  • Du fühlst dich verantwortlich für das Glück der Menschen um dich herum.
  • Konflikte und negative Stimmungen belasten dich überdurchschnittlich stark.

Dann bist du vermutlich, wie viele hochsensible Menschen, besonders empfänglich für emotionale Abhängigkeit. Es ist, als würdest du auf einem emotionalen Drahtseil balancieren. Du bist immer bemüht, das Gleichgewicht der anderen zu halten. Dabei vergisst du, dass auch du ein Netz brauchst, das dich auffängt.

Diese unsichtbare Last kann dazu führen, dass du dich ständig innerlich angespannt fühlst, als würdest du immerzu auf Zehenspitzen laufen.

Die geheime Dynamik, die dich unfrei macht

Stell dir vor, deine Beziehungen wären wie ein Mobile: Normalerweise sollten sich alle Teile frei und ausbalanciert bewegen können. Bei emotionaler Abhängigkeit ist dieses Gleichgewicht gestört. Ein Teil – meist du selbst – versucht ständig, die anderen Teile zu stabilisieren. Auch wenn das bedeutet, die eigene Position zu verleugnen. Und das macht es so anstrengend, mit Hochsensibilität zu leben.

Es ist ein unsichtbares Muster, das sich in kleinen Gesten zeigt:

  • Du kannst lange darüber grübeln, wenn jemand kurz angebunden ist.
  • Es ist dir total wichtig, dass alles harmonisch ist, selbst wenn es deine eigenen Gefühle kostet.
  • Wenn du so sehr damit beschäftigt bist, was andere fühlen und brauchen, spürst du dich selbst immer weniger. Dich selber vernachlässigst du, die anderen scheinen einfach wichtiger zu sein.

Dabei kannst du dich auch noch leicht in Gedankenspiralen verlieren.

4 Alarmsignale weisen auf emotionale Abhängigkeit bei hochsensiblen Menschen hin

1. Übersteigerte Empathie:

Du übernimmst Verantwortung dafür, wie andere sich fühlen. Du fühlst so stark mit anderen mit, spürst sie sogar mehr als dich selber. Du kannst dich schwer abgrenzen und nimmst die Sorgen anderer mit nach Hause.

Julia merkte erst, wie tief sie in diesem Muster steckte, als sie nachts wach lag und über die Probleme ihrer Freundin grübelte – während diese vermutlich tief und fest schlief.

2. Grenzenlose Aufopferung:

Du stellst deine eigenen Bedürfnisse andauernd zurück. "Nein" sagen fällt extrem schwer. Du opferst dich auf, um anderen zu gefallen oder um zu vermeiden, dass ihr aneinandergeratet.

Mark sagte jahrelang zu allem Ja, was seine Partnerin vorschlug – bis er eines Tages feststellte, dass er keine eigenen Wünsche mehr hatte.

3. Harmoniesucht:

Du passt dich ständig an andere an. Und du gibst deine eigene Meinung auf, um nicht zu streiten.

Für Sophia war ein harmonisches Miteinander so wichtig, dass sie ihre wahren Gedanken oft für sich behielt – bis sie in einer Beziehung landete, in der sie sich selbst nicht mehr erkannte.

4. Verlustängste:

Du sorgst dich sehr, dass du wichtige Menschen verlieren könntest. Mit Hochsensibilität zu leben geht deshalb oft mit einem großen Bedürfnis einher, Beziehungen kontrollieren zu können. Du fühlst dich ständig bedürftig, möchtest bestätigt werden und miteinander nah sein, um dich sicher zu fühlen.

Thomas überprüfte ständig sein Handy und schrieb seinem Freund mehrmals täglich, weil er sichergehen wollte, dass zwischen ihnen alles in Ordnung war.

Erkennst du einige dieser Muster bei dir? Dann ist es Zeit für Veränderung.

Gut mit Hochsensibilität leben: Befreie dich mit 4 Schritten aus emotionaler Abhängigkeit

"Wie soll ich denn Grenzen setzen, wenn ich jede negative Reaktion darauf dreifach spüre?", fragte mich kürzlich eine Klientin.

Eine berechtigte Frage! Denn Grenzen setzen heißt ja nicht, dass du dich von jemandem distanzierst, sondern einfach, dass du für dich sorgst.

Gerade du brauchst klare Grenzen, um gut mit der Hochsensibilität leben zu können – sie sind dein emotionaler Schutzschild. So wie ein Rahmen das Bild an der Wand zugleich abgrenzt und hervorhebt, was wichtig ist.

1. Wie du herausfindest, was du wirklich brauchst

Diesen Teil nenne ich "den inneren Kompass".

Warum?

Weil er dir ermöglicht, dich auf deine Selbstfürsorge hin auszurichten.

Nimm dir jeden Abend fünf Minuten Zeit und frage dich:

  • Was hat mir heute gutgetan?
  • Was hat mir Energie geraubt?
  • Welche Situationen haben sich stimmig angefühlt?

Indem du deine Bedürfnisse wahrnimmst, gibst du ihnen eine Stimme. Sie müssen nicht laut sein, aber du solltest sie hören.

Notiere dir deine Antworten in einem Notizbuch – so erkennst du wiederkehrende Muster und kannst dir bewusst machen, was du wirklich brauchst, um gut mit der Hochsensibilität leben zu können.

2. Deine ersten Schritte raus aus der Opferrolle

Es ist nur eine kleine Änderung der Betrachtungsweise, ein paar wenige Worte, doch damit beginnst du einen Weg, der zu dir selber führt. Das geht ganz einfach.

Statt: "Ich kann nicht..."

Sage besser: "Ich entscheide mich dagegen, weil..."

Beispiel: "Ich entscheide mich dagegen, heute Abend auszugehen, weil ich spüre, dass ich Ruhe brauche."

Diese Formulierung zeigt Selbstverantwortung und macht deine Entscheidung zu etwas Aktiven, nicht zu etwas, das dir widerfährt.

Du bist kein passives Opfer deiner Umstände, sondern entscheidest dich bewusst für dein Wohlbefinden.

Wenn dein Herzensmensch zu viel trinkt, dann solltest du noch stärker auf dein Wohlbefinden achten, um dich aus der Co-Abhängigkeit vom Alkohol zu befreien.

3. Wie du dich selber wiederfindest

Starte mit kleinen, sicheren Situationen:

  • Sage ehrlich "nein", wenn es dir nicht passt - auch wenn es sich nur um einen kleinen Gefallen handelt, den jemand von dir erwartet. Ein klares "Nein" ist ein "Ja" zu dir selbst.
  • Teile mit, was du magst, was dir gefällt und was dir wichtig ist. Auch wenn es abweicht von dem, was andere bevorzugen. Sei du selbst, verstell dich nicht! Denn dies ist ein wichtiger Schritt zur inneren Freiheit. Beispiel: Bestelle im Restaurant genau das, worauf DU Lust hast, auch wenn alle anderen etwas anderes wählen.
  • Übe dich darin, unangenehme Gespräche nicht sofort zu vermeiden, sondern ruhig und klar deine Meinung zu vertreten.

Wie dir das gelingt?

Indem du dich nicht selbst abwertest, sondern in kleinen Schritten übst und dich darin selbst bestärkst, nein sagen zu dürfen.

4. Wie du wirklich für andere da sein kannst

Als Hochsensible haben wir ein besonderes Geschenk: Wir können Beziehungen in ihrer ganzen Tiefe erleben und gestalten.

Dass wir für uns selber sorgen, ist kein überflüssiger Luxus, sondern wir brauchen es, um gut mit der Hochsensibilität zu leben und im Alltag wie in Krisen zurechtzukommen.

Wie im Flugzeug:

Da sollst du auch zuerst die eigene Sauerstoffmaske anlegen. Denn nur dann kannst du auch gut für andere da sein.

Wenn du erfahren willst, wie dir das leicht gelingt, dann lese hier weiter über 11 kluge Wege zur Selbstfürsorge und für neues Glück trotz Energieräuber-Partner.

Dein Erste-Hilfe-Koffer, um gut mit Hochsensibilität leben zu können

Hier sind drei einfache Maßnahmen, die sich nicht nur bei hochsensiblen Personen bewährt haben.

Wenn du sie öfter praktizierst, am besten sogar regelmäßig, helfen sie dir, deine emotionale Unabhängigkeit zu bewahren. Und zwar ganz allgemein, aber auch in akuten Krisensituationen.

1. Tägliche „für mich“-Zeit:

Nimm dir Auszeiten, nur für dich, mindestens 30 Minuten pro Tag. Diese Zeit ist heilig – ein Date mit dir selbst.

 Nutze sie bewusst und mach etwas, das dir guttut - sei es spazieren gehen, lesen oder einfach nur mal innehalten.

Helenas Morgenritual: Eine Tasse Tee auf dem Balkon, 15 Minuten vor allen anderen aufstehen und den Tag in Ruhe beginnen.

2. Körperliche Erdung:

Bewege dich regelmäßig in der Natur und übe tiefe Atemzüge, wenn du dich emotional überflutet fühlst. Fühle den Boden unter deinen Füßen, spüre den Wind auf deiner Haut.

Körperliche Aktivitäten wie Yoga oder Tanzen können helfen, deine Gefühle zu sortieren und emotionale Spannungen abzubauen.

Michael fand seine innere Balance durch regelmäßige Waldspaziergänge – dort konnte er die Gedankenflut beruhigen und wieder mit sich selbst in Kontakt kommen.

3. Emotionales Tagebuch:

Beim Schreiben kannst du dir über deine Gefühle klarer werden und sie besser von denen anderer Personen unterscheiden.

Schreib auch die Situationen auf, die dir Kraft geben.

Worte sind wie Anker, die deine inneren Wahrheiten festhalten.

Du kannst auch deine Fortschritte festhalten, um dir selbst bewusst zu machen, wie weit du bereits gekommen bist.

Annas Tagebuch wurde zu ihrem treuesten Begleiter. Nach einem Jahr blätterte sie zurück und war erstaunt, wie viel Stärke sie gewonnen hatte.

Dein nächster Schritt: Werde zum Helden oder zur Heldin deiner Geschichte!

Bist du bereit, diesen Weg zu gehen und nicht nur gut mit deiner Hochsensibilität zu leben, sondern sogar Held oder Heldin deines eigenen Lebens zu werden?

Dann nimm dir heute noch einen Moment Zeit und frage dich:

  • In welcher Beziehung fühle ich mich frei und authentisch?
  • Wo spüre ich Druck, anders sein zu müssen – vielleicht nur unterschwellig?
  • Was wäre mein kleiner, erster Schritt in Richtung emotionaler Freiheit?

Dein Weg beginnt mit einem einzigen Schritt.

Welcher wird es bei dir sein?

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Über den Autor dieses Gastartikels:

Goetz Uwe Kress weiß genau, wie man gut mit Hochsenibilität leben kann, denn er ist selbst auch hochsensibel.


Götz Uwe Kreß hat aus seiner eigenen Hochsensibilität eine Superkraft gemacht.

Heute zeigt er sensiblen Menschen, wie sie ihre Feinfühligkeit nicht als Schwäche, sondern als unschätzbare Stärke nutzen können.

Auf seiner Webseite sensiblehelden.de erfährst du, wie du deine Sensibilität als Kompass für ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben einsetzt.

Wenn du dort seinen kostenlosen Test machst, kannst du entdecken, welches verborgene Potenzial in deiner Sensibilität steckt – es könnte der erste Schritt zu deiner größten inneren Stärke sein!

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Petra Ahrweiler

Ich bin Psychologin, Paar- und Familientherapeutin.

Als Scheibenwischer bei Konflikt- und Krisenwetter verhelfe ich dir zu klarer Sicht und sicheren Schritten auf deinem Weg zu Lebensfreude, Harmonie und innerer Ruhe.

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